Einleitung:

Farbe Eigenschaft und Wirkung

Erscheinungsform Farbe

Polarität der Farbe

Farbenergie - Farbwirkung

Farbsymbolik

Farbe im Wandel der Zeit

Methaphysik - Wahrnehmung

Farbe - Bewusstsein

Farbe - Bewusstseinsebenen

Quellennachweis

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Farbe im Wandel der Zeit

Die kunsttheoretische Einschätzung der Farbe im Wandel der Zeit vom Mittelalter bis hin zur gegenstandslosen Malerei führt zu einer unwiderruflichen und fortschreitenden Emanzipation der Farbe. Je nach Zeitepoche wird die Farbe unterschiedlich bewertet. Eine Wertung von Perzeption-Apperzeption, Sinnlichkeit-Begrifflichkeit ist durchaus wandlungsfähig und bringt ein Prioritätenwechsel im Verhältnis des Farbwissen und der Farbempfindung.

In der Renaissance nimmt die Farbe eine untergeordnete, akzidentelle Rolle ein, sie wird als Kolorit der Zeichnung und des Figürlichen angewendet. Die Farbe wurde nicht als Raum schaffendes Element eingesetzt; die Räumlichkeit wurde ausschließlich mit der Zeichnung, der Linie geschaffen. Jedoch kannte man bereits die perspektivische Gestaltungsmöglichkeit der Farbe, die durch Hell-dunkel Abstufungen und durch das Aufhellen der Farbe, geschaffen wurde. Die dunklen und warmen Farben drängen sich in den Vordergrund während die kalten blauen Farbtöne als entfernter im Hintergrund erscheinen und so eine Illusion von Raum und Distanz wecken.

Mit dem Impressionismus tritt durch die Farbe eine Revolutionierung der Malerei ein. Es ist das Interesse an den Licht- und Farbwerten die das Gestaltungsprinzip von Zeichnung und Kolorit überschreiten. An die Stelle der Konturlinie tritt die Farbe als Abgrenzung oder Begrenzung und ist somit nicht länger der Zeichnung untergeordnet. Das Körpervolumen wird nun mit dem Farbvolumen und nicht mehr mit der Konturlinie der Zeichnung als Sichtbarkeitsausdruck von Form und Proportion abgegrenzt. Ausdruckskraft und Sinnlichkeit der Farbe steigen in der Werteinschätzung und schaffen einen Bildraum, der durch die Farbe dominiert wird. Der Bildausdruck wird durch die lichthafte, optische und energetische Wirklichkeit der Farbe bestimmt, so wie in der zeitgleichen Malerei des Pointillismus. Anwendungen von individuell empirisch gewonnenen Systemen des psycho-energetischen Farbausdrucks finden wir zum Beispiel schon in der Malerei von Delacroix, in der sich eine mehr innovative Farbgebung entfaltet, die sich von der bisherigen Tradition des Kolorit unterscheidet. So werden aus Anschauungen gewonnene Erfahrungswerte wie zum Beispiel ein gelber Gegenstand der einen violetten Schatten wirft in die Farbgestaltung des Bildes eingebracht.

Der Pointillilsmus bedient sich einer systematischen Malerei, die die Buntwerte der Darstellung mittels Farbpunkte darstellt. Es ist dies eine auf die Retina des Auges bezogene Malerei die das Zusammenwirken der Buntwerte, so wie sie sich auf der Netzhaut abbilden, nachzuahmen versucht. Die Darstellung des Dinglichen veräußert sich in einer indirekten Präsenz der Zeichnung. Das Dargestellte ergibt sich durch die optische Mischung der Farben. Die Erkennung des Figürlichen vollzieht sich durch den Abstand des Betrachters vom Bilde und nicht von ganz nahe. Die Präsenz der Zeichnung veräußert sich durch die sich untereinander kontrastierenden Farbpunkte. Diese setzen als Illusion die zeichnerische Begrenzung. Die Form ergibt sich aus der koloristischen Verschmelzung der einzelnen Farbpunkte und aus der Gewissheit vom Gegenständlichen. Die Zeichnung als Begrenzung, Umrandung und Bildgestaltung ist gänzlich aufgehoben - alles wird mittels der Farbe gestaltet.

In der gegenstandslosen Malerei wird Farbe zum hauptsächlichen Ausdrucksmittel der Bildgestaltung. Der Empfindungswert der Farbe wird thematisiert. Somit erhält die Farbe in formaler, inhaltlicher und empfindungsmässiger Hinsicht absolute Priorität. Die Gesetzlich-keit des Farbensehens (physiologisch) als auch die Farbwerte (psychologisch) werden in die Darstellungswirklichkeit des Bildes bewusst integriert. Im Laufe der Zeit, von Delacroix, zum Impressionismus, hin zur orphischen Malerei Delaunays, nimmt das Gestaltungspotential der Farbe zu und richtet sich auf die Farbimagination des Betrachters. Farbe wird nunmehr in der Malerei als energetische Ausdruckskraft und als Gestaltungsmittel eingesetzt. Die Farbe verliert an Symbolgehalt und wird in einem gewissen Sinne entmystifiziert zu Gunsten der psychoenergetischen Wirkung und deren Aussage. Diese Konkretisierung der Farbe fordert beim Betrachter eine Partizipation, die zu einer Bewusstwerdung der Farbe führt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben wir in der Malerei Gruppierungen die sich ganz der Farbe zuwenden. Die totale Abwendung der Malerei von der Gegenstansdarstellung und vom Naturalistischen, die Anwendung der Farbflächenmalerei entbindet die Farbe von ihrem Untergeordnetsein. Sie manifestiert sich jetzt in ihrer reinen Erscheinung und löst sich von perspektivischen, symbolischen und darstellungsmäßigen Zwängen. Farbe wird zum unbedingten Primären in der Malerei; sie richtet sich direkt an die Wahrnehmung des Betrachters. Farbe als gestalterisches Element wird nicht dekorativ, sondern als ein optisches Energieprodukt gesehen und auch so eingesetzt. Zusammen - und einander entgegenwirkende Farbkonstellationen erzeugen unterschiedliche Energiefelder, die eine Eigendynamik der Farbe verdeutlichen. Die Anschaulichkeit der Farbe bezieht sich nicht auf Referenzen der begrifflich-gegenständlichen Identifikation, sondern sie zeigt sich direkt in ihrer ungestümen, energetischen und psychischen Kraft. Die gegenstandslose Malerei orchestriert Farben zu Harmonien, Disharmonien, Farbkonflikten, Simultankontrasten usw. und findet eine neue Form des Farbausdrucks. Der bildgewordene Farbausdruck vermittelt einen direkten Bezug zur Farbe der ihre ursprüngliche Essenz offenbart. Diese Essenz steht in unmittelbarer Beziehung zur Farbempfindung. Das Gefühl das von einer Farbe provoziert wird, ist nicht x-beliebig, sondern richtet sich nach der artspezifischen, psychoenergetischen Qualität der Farben. Der Maler arbeitet bewusst mit seinen Kenntnissen der Farbe, aber auch mit seinen empirischen Farberfahrungen und seiner ganz persönlichen Farbempfindung bzw. seinem eigenen Farbgeschmack. Die optische Provokation durch die Farbe ist keine ästhetische Spielerei, sondern sind Erfahrungswerte die er in die Malerei einbringt. An die Stelle der Zeichnung und der Perspektive treten Kompositionselemente wie Farbvolumen, Farbquantität, Farbabgrenzung, Simultan- und Hell-dunkel Kontraste. Es wird eine Komposition erzeugt, bei der ein unmittelbarer, energetischer Reiz von der Farbe ausgeht. Die Dramatisierung der Bildgestaltung baut sich auf aus Konsonanzen, Dissonanzen, Hervorhebung und Abgrenzungen der Farben untereinander. Die durch Farbqualitäten und Farbquantitäten erzielte Vibration löst den statischen Bildausdruck ab. Aus den gegenseitigen Beziehungen der Farben entsteht Bewegung. Diese Bewegung entsteht aus der unterschiedlichen Vitalität bzw. Energie der Farben. Der Maler strebt nach einer autonomen Farbgebung, mit der Farbe als Bildinhalt. Es geht im Bild nicht so sehr um die geometrischen Formen. Es sind die rythmischen Farbelemente in ihrer Dynamik die den farblyrischen Gesamtausdruck und das Lebendige eines Bildes bestimmen. Eine abstrakte Malerei stellt sich gegen eine natürliche Darstellungswirklichkeit und richtet sich auf das sinnliche Erlebnis der Farbe. Das wirkliche Gestaltungselement ist die Farbe und nicht wie in früheren Zeiten, die Zeichnung. Die Farbe kriegt etwas Absolutes und Radikales, im Gegensatz etwa zur Renaissance wo die Farbe stets der gegenständlichen Darstellung und dem Bildinhalt untergeordnet war. In der von Farbflächen bestimmten Malerei wird Raum mit Farbe dargestellt und geschaffen. Die reale Bildgestaltung wird durch geometrische Farbfelder ersetzt. Die von der Gegenstandsreferenz befreite Farbe der moderenen Malerei bricht mit der konventionellen Farbgebung und dominiert in der Bildgestaltung. Diese Dominanz der Farbe stellt eine Totalbeanspruchung an die Wahrnehmung und die Empfindung des Betrachters.

Einige wichtige Angaben über das Farbendenken der deutschen Romantik finden wir in Goethes Farbenlehre von 1801. 1912 erschien von Wassily Kandinsky die Schrift über das Geistige in der Kunst. Diese zwei farbtheoretischen Werke waren von großem Einfluß auf die moderne Malerei des 20. Jahrhunderts.

 

 

© Franz Immoos, Amsterdam 2009

Die Farben:

Schwarz

Rot

Orange

Gelb

Grün

Blau

Violett

Weiss

Silber

Gold

Farbtafel I

Farbtafel II

Farbtafel III

Farbtafel IV